Der 1. Dezember: ein besonderes Datum

Über 40 Jahre ist es her, dass in den USA erstmals Wissenschaftler eine neue Krankheit dokumentierten, die sie bei homosexuellen Männern beobachteten. Ein Jahr später traten ähnliche Fälle auch in Deutschland auf. Als klar wurde, dass HIV ein hochansteckendes Virus ist, das durch Geschlechtsverkehr übertragen wird und – damals – tödliche Folgen haben konnte, reagierten viele Menschen erst einmal panisch. 1987 zog CSU-Politiker Peter Gauweiler noch in Erwägung, dass man Menschen zwangstesten, Betroffene kenntlich machen, eventuell gar wegsperren müsse. Dazu kam es nicht, aber die gesellschaftliche Stigmatisierung der Erkrankten war enorm. Um etwas dagegen zu setzen, rief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Folgejahr den Welt-Aids-Tag aus, der seit 1988 jährlich am 1. Dezember begangen wird. Das Symbol des Gedenkens und der Solidarität mit den Erkrankten ist die rote Schleife.

Was denn nun: HIV oder Aids?

Die Abkürzung „HIV“ steht für „Humanes Immundefizienz-Virus“. Dieses Virus zeigt zunächst keine Symptome, und das über einen unbestimmbaren, oft langen Zeitraum hinweg. Das macht es so tückisch: Infizierte haben keine Ahnung davon, welche Gefahr sie in sich tragen – für sich selbst und für andere. Zum einen kann das Virus schon lange, bevor es Symptome verursacht, übertragen werden, zum anderen löst es, wenn keine Behandlung erfolgt, langfristig die Immunkrankheit Aids aus. Aids ist immer die Folge einer HIV-Infektion – aber: Wenn HIV frühzeitig behandelt wird, besteht eine gute Chance, niemals an Aids zu erkranken.

Aids sorgt dafür, dass der Körper sich nicht mehr gegen Bakterien, Pilze, weitere Viren und andere Krankheitserreger schützen kann. Deswegen zieht Aids viele unterschiedliche Folgen nach sich, zum Beispiel Infektionen und Tumore. In unbehandelten Fällen ist eine Aids-Erkrankung tödlich. Bei einer frühzeitigen Diagnose von HIV kann die Infektion heute jedoch so behandelt werden, dass ein normales Leben und auch eine normale Sexualität möglich sind.

Was denn nun: HIV oder Aids?

Wie wird HIV übertragen?

HIV wird durch Körperflüssigkeit übertragen. Geschlechtsverkehr ist der häufigste Übertragungsweg, ein anderer kann aber auch die Verwendung verunreinigter Spritzen sein. Deswegen treten HIV-Infektionen teilweise auch im Zusammenhang mit Drogenabhängigkeit auf. In den ersten Jahren traten auch Übertragungen durch verunreinigte Blutkonserven auf, aber dank einer Testsystematik, die daraufhin eingeführt wurde, sind diese Fälle schon Anfang der 2000er Jahre zur absoluten Seltenheit geworden: Daten des Paul-Ehrlich-Institutes zufolge gab es, Stand 2014, noch zwei HIV-Übertragungen durch Spenderblut, die aus dem Jahr 2007 und dem Jahr 2010 stammten. Ihnen gegenüber stehen vier Millionen lebensrettende Bluttransfusionen im Jahr.

Werdende Mütter, die mit HIV infiziert sind, können während der Schwangerschaft und während der Geburt das Virus auf ihr Baby übertragen. Auch durch das Stillen ist eine Infektion des Kindes möglich. Es gibt jedoch Behandlungsmöglichkeiten, durch die sich das Virus so weit kontrollieren lässt, dass weder Schwangerschaft und Geburt noch das Stillen eine Gefahr für das Baby darstellen.

Diese Übertragungswege gibt es für HIV:

  • Kontakt mit Körperflüssigkeiten, in der Regel beim Geschlechtsverkehr – unabhängig von dessen Art
  • Kontakt mit infiziertem Blut – etwa durch verunreinigte Spritzen (im Fall von Drogenmissbrauch)
  • Schwangerschaft, Geburt und Stillen – hier kann eine Übertragung von der Mutter aufs Kind erfolgen

HIV in Zahlen

Seit Bekanntwerden der ersten Fälle in den frühen 1980er Jahren haben sich weltweit etwa 84,2 Millionen Menschen mit HIV infiziert. Etwa 40,1 Millionen Menschen sind infolge der Infektion gestorben. Derzeit leben weltweit etwa 38 Millionen Menschen mit einer HIV-Infektion. In Deutschland sind es gut 90.000 Personen, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen. Die meisten der Infizierten werden behandelt: In Deutschland nehmen 96 Prozent der Menschen mit HIV-Diagnose Medikamente. Das ist ein erheblicher Fortschritt zu der Zeit vor fast zwanzig Jahren: Da waren es nur etwa 80 Prozent.

Weltweit sieht die Situation anders aus: Nur 75 Prozent der derzeit 38 Millionen Betroffenen haben Zugang zu den relevanten Medikamenten. Stark betroffene Regionen sind der Süden Afrikas, zunehmend aber auch Osteuropa und Zentralasien. Trotz verschiedener Aufklärungskampagnen, die zum Beispiel zur Anwendung von Kondomen auffordern, kommt es weiterhin zu Neu-Infektionen: In den Jahren 2020 und 2021 wurden in Deutschland davon jährlich rund 1.800 Fälle registriert.

Ursachen und Risikofaktoren

Bei den meisten Infektionen breiten sich die Erreger über kurz oder lang aus. So ist es auch bei HIV: Das Virus infiziert Zellen, deren Aufgabe die Abwehr von Krankheitserregern ist. Durch die Infektion können diese immunschützenden Zellen ihrer Funktion nicht mehr nachkommen. Das Immunsystem ist also geschwächt, und das im Verlauf der Zeit immer stärker – sofern keine Behandlung erfolgt. Aufgrund der geschwächten Abwehr des Körpers erkranken HIV-Betroffene an zahlreichen Krankheiten. Selbst solche, die sonst ungefährlich werden, können dann gravierende Auswirkungen haben.

Das Infektions-Risiko und wie man es ausschließen kann

Der häufigste Weg einer Infektion ist der Geschlechtsverkehr mit einer infizierten Person. Menschen mit häufig wechselnden Sexualpartnern haben daher ein erhöhtes Risiko, an HIV zu erkranken. Die wichtigste Regel, um einer Infektion vorzubeugen, ist daher: Beim Geschlechtsverkehr sollte man sich immer schützen. Besonders hoch ist die Gefahr einer Ansteckung, wenn einer der Partner bereits an einer anderen sexuell übertragbaren Krankheit erkrankt ist – etwa Syphilis, Herpes genitalis, Chlamydien oder Gonorrhoe. Einen Schutz bieten Kondome und Femidome, deren Anwendung übrigens auch deswegen sinnvoll ist, weil HIV bei Weitem nicht die einzige sexuell übertragbare Krankheit ist, vor der man sich auf diesem Weg schützen kann. Beim Oralverkehr ist das Risiko einer HIV-Infektion deutlich reduziert, aber nicht völlig auszuschließen.

Auch, wenn beim Spritzen von Drogen das Spritzbesteck mit anderen geteilt wird, gibt es ein hohes Infektionsrisiko. Deswegen sollten Abhängige auf keinen Fall Nadeln gemeinsam verwenden, sondern jeweils ein eigenes Spritzbesteck nutzen.

Situationen ohne Infektionsrisiko

Ungefährlich sind das Küssen, Anhusten oder auch das Benutzen derselben Toilette.
Ist die Infektion bekannt und der/die Betroffene in Behandlung, ist es jedoch möglich, durch Medikamente die Zahl der Erreger so stark herunterzufahren, dass sie nicht mehr nachweisbar sind. Dann besteht auch bei ungeschütztem Sex für die Partner kein Risiko.

Schutz von Babys infizierter Mütter

Ist eine Frau mit HIV infiziert und wird nicht behandelt, dann kann sowohl während der Geburt als auch beim Stillen das Virus ans Baby weitergegeben werden. Durch die wirksamen Behandlungsmöglichkeiten, die es heute gibt, kann aber schon in der Schwangerschaft die Situation der werdenden Mutter so stabilisiert werden, dass für das Kind kein Infektionsrisiko besteht. Lange Zeit riet die Weltgesundheitsorganisation HIV-infizierten Müttern vom Stillen ab, doch auch dieser Kenntnisstand gilt heute als überholt – sofern eine medizinische Behandlung und ärztliche Begleitung gegeben sind.

Frauen, die mit HIV infiziert sind und sich ein Kind wünschen oder bereits schwanger sind, sollten von Anfang an offen mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin über die Möglichkeit von Behandlungen reden.

Prävention: Safer Sex und Prep-Medikamente

HIV ist heute behandelbar. Infizierte können dank der Behandlungsmöglichkeiten ein normales Leben führen – ob in einer festen Partnerschaft, mit wechselnden Partnern oder mit einer Familie. Trotzdem muss man HIV ernst nehmen – denn wenn eine Infektion nicht bekannt ist, kann sie sich ausbreiten und die Gesundheit schädigen, ohne dass Betroffene rechtzeitig darauf reagieren können. Mit zahlreichen Aufklärungskampagnen treten Organisationen wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung seit Jahren dafür ein, dem schmuddeligen Image von Geschlechtskrankheiten etwas entgegenzusetzen, denn Scham ist in der Regel kein guter Berater.
Zum Schutz vor einer HIV-Infektion gibt es nicht nur die Möglichkeit von Kondomen und Femidomen, sondern auch „Prep“-Medikamente, teils auch „Pep“ genannt: Diese können HIV-Negative davor schützen, sich mit HIV zu infizieren. Relevant ist das für Menschen mit erhöhtem Infektionsrisiko. Dazu zählen der Deutschen Aidshilfe zufolge Männer, die Sex mit Männern haben, Transpersonen, die Analverkehr praktizieren, Partner von Menschen mit HIV und Drogenkonsumenten, die Spritzen verwenden.
Prep-Medikamente können auch kurzfristig in einem Zeitfenster von zwei bis 48 Stunden nach einem Risikokontakt noch eingenommen werden. Sie sind verschreibungspflichtig. Die Kosten werden seit 2019 für die genannten Risikogruppen von den gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen. Um einen zuverlässigen Schutz zu bieten, müssen die Medikamente kontinuierlich eingenommen werden.

Diagnose und Test

Diagnose und Test

Wer Beschwerden hat oder an sich Veränderungen feststellt, sollte immer einen Arzt aufsuchen. Weil HIV aber so lange unbemerkt im Körper schlummern kann, kommt es hier darauf an, schon vorher wachsam zu sein. Möchte man zum Beispiel in einer Partnerschaft auf Kondome oder Femidome verzichten, dann sollten beide zunächst einen HIV-Test machen. Diese Tests sind schon lange nicht mehr nur in Gesundheitsämtern oder Praxen möglich, sondern auch in Apotheken erhältlich, so dass man sich ganz einfach zu Hause selbst testen kann.

Die Test-Möglichkeiten
Es gibt unterschiedliche Arten von HIV-Tests, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten möglich sind. Zur empfohlenen Häufigkeit von Tests gibt es keine feste Regel, da es sehr von der individuellen Situation abhängt, ob das Risiko einer nicht-diagnostizierten Infektion besteht. Im Fall von Unsicherheit ist ein Test auf jeden Fall sinnvoll – denn ist er negativ, schafft er Erleichterung, und ist er positiv, kann umso früher mit der Behandlung begonnen werden.

Im Fall einer Infektion versucht der Körper, sich durch Abwehrstoffe gegen das HI-Virus zu wehren. Ist das der Fall, lassen sich die Antikörper im Blut nachweisen – mit einem Antikörper-Test. Dieser ist frühestens drei Monate nach einer möglichen Infektion machbar, da es so lange dauert, bis ein nachweisbares Niveau an Antikörpern entstanden ist.

Schon sechs Wochen nach einer möglichen Infektion ist der Antigen-Antikörper-Test möglich. Auch er sucht nach Antikörpern, zusätzlich aber auch nach Bestandteilen des HI-Virus.

Für einen Antigen-Antikörper-Test wird Blut abgenommen und im Labor untersucht. Für diese frühestmögliche Diagnose ist also der Weg in eine Arztpraxis oder andere Teststelle, die mit einem Labor zusammenarbeitet, erforderlich.

Beim Schnelltest reichen ein Piekser und einige Tropfen Blut. Das Ergebnis liegt nach eine halbe Stunde vor. Diese Form des Testens basiert auf Antikörper-Tests und liefert daher erst drei Monate nach einer möglichen Infektion ein verlässliches Ergebnis.

In der Apotheke sind Sets erhältlich, mit denen Menschen sich selbst auf HIV testen können. Diese Tests sind in der Regel Schnell-Tests, können also erst drei Monate nach einer möglichen Infektion zuverlässig angewendet werden.

Unsere Empfehlungen

Leben mit HIV & Aids

Obwohl das Leben mit einer HIV-Infektion dank medizinischer Möglichkeiten heute fast normal sein könnte und auch die Lebenserwartung annähernd gleich ist wie die von nicht-infizierten Menschen, erleben Betroffene alles andere als Normalität. Ob im Job, in der Freizeit, in der Familie, im Freundeskreis oder bei der Partnerschaft: Viele erleben Diskriminierung und fühlen sich ausgegrenzt. Deswegen setzen sich Kampagnen und der Welt-Aids-Tag für mehr Bewusstsein und Solidarität ein. Wer mit HIV infiziert ist, hat sich nicht etwas zuschulden kommen lassen, sondern ist einfach nur Betroffener einer weltweiten Epidemie.

Wer mit einer HIV-infizierten Person zu tun hat, kann sich auf zwei Dinge verlassen: Zum einen ist im regulären Alltag keine Ansteckung möglich – weder durch das Nutzen gemeinsamer Sanitäranlagen noch durch eine Umarmung, einen Kuss oder das Trinken aus gemeinsamen Flaschen und Gläsern. Zum anderen ist auch bei intimen Kontakten das Risiko einer Ansteckung nicht gegeben, sofern die infizierte Person in entsprechender Behandlung ist.

Der Welt-Aids-Tag setzt jährlich ein Zeichen für eine Welt, in der Aids und HIV als gemeinsames Problem verstanden werden, das alle Menschen etwas angeht.

Das große Ziel: Schluss mit HIV und Aids bis 2030

Die Vereinten Nationen verfolgen das Ziel, dass HIV und Aids bis 2030 der Vergangenheit angehören. Ein Zwischenziel ist, dass 95 Prozent aller Infizierten bis 2025 diagnostiziert sind, damit sie so behandelt werden können, dass sie zum einen nicht an Aids erkranken, zum anderen aber auch das Virus nicht weitergeben können. Während Länder wie Ruanda und Tansania das bereits erreicht haben, gehört Deutschland zu denen, die hinterherhinken: Hier gehen Experten davon aus, dass nur 90 Prozent der Infektion diagnostiziert sind, denn zu viele Diagnosen werden erst zu einem späten Zeitpunkt erstellt, wenn die Krankheit Aids bereits ausgebrochen ist.

Aufklärungskampagnen und Selbstverantwortung sind deswegen so wichtig: Jede und jeder kann nur für sich selbst entscheiden, die vielen niederschwelligen Möglichkeiten für Tests in Anspruch zu nehmen. Eine Impfung gegen HIV gibt es, trotz intensiver Forschung, bis heute nicht. Aber wenn alle Menschen, die das Virus in sich tragen, Medikamente erhalten, mit denen die Weitergabe unterbunden wird, dann hätte die Menschheit den Kampf gegen HIV und Aids gewonnen. Forscher und Vertreter der Organisation UNAIDS glauben, dass das bis 2030 möglich sein kann – wenn alle dazu beitragen.

Das große Ziel: Schluss mit HIV und Aids bis 2030